Der Begriff Burnout gehört zu unserem Alltag dazu – in jedem Magazin fällt er zig Mal!
Er ist zum Modewort geworden. Aber was ist Burnout eigentlich genau?
Burnout ist ein Zustand ausgeprägter emotionaler und körperlicher Erschöpfung. Die Ursache ist ständige Überforderung im beruflichen Alltag.
Der berufliche Weg führt nicht immer steil nach oben. Ein Karriereknick kann verschiedene Ursachen haben – manchmal ist er krankheitsbedingt. Die hohen Anforderungen und vielfältigen Belastungen im Beruf, aber auch die eigenen Einstellungen – häufig ist es ein Zusammenspiel von beidem – können zu einer Burnout-Erkrankung führen.
Wie äußert sich Burnout? Anzeichen und Symptome einer Burnouterkrankung
Die Entwicklung ist schleichend und der Verlauf ist fortschreitend. Die Symptome sind vielfältig:
An folgenden Symptomen kann man einen Burnout erkennen:
-nicht abschalten können: Grübeln, die Gedanken drehen sich zumeist um die berufliche Situation
-Urlaube haben keinen Erholungswert mehr
-Energielosigkeit, Erschöpfung und zittern
-man kann sich nicht mehr so flüssig ausdrücken wie früher, findet einfach nicht mehr die richtigen Worte (Wortfindungsstörungen)
-Gedächtnisprobleme
-Wutausbrüche, Aggressionen
-Interessenverlust
-Gefühle der Sinn- und Hoffnungslosigkeit
-Gefühl der inneren Leere
-Ohnmachtsgefühle
-sozialer Rückzug
-langfristige Krankschreibungen und Arbeitsausfall
-Arbeitsplatzverlust
-Frührente
-suizidale Krisen
Ursachen für eine Burnout-Erkrankung
Es gibt verschiedene Gründe, die bei der Entstehung zusammenkommen.
Es ist nichts Neues, dass sich die Arbeitswelt verändert hat. Wir werden getrimmt auf Schnelligkeit und führen am besten mehrere Tätigkeiten gleichzeitig (Multitasking) aus.
Es wird gespart: Arbeitszeitpläne werden optimiert, Stellen werden nicht neu besetzt und zusätzliche Arbeit fällt an. Alles wird schnelllebiger – befristete Arbeitsverträge sind zum Normalfall geworden.
Dazu kommen bestimmte berufliche Strukturen, die eine Burnout-Erkrankung begünstigen. Besonders Beschäftigte, mit gleichzeitigem Druck von oben und unten (Sandwich-Position), entwickeln bevorzugt einen Burnout. Typische Berufsgruppen sind Lehrer, Erzieher, Berufstätige in einem Callcenter, Schüler und Studenten.
Andererseits haben Betroffene häufig spezifische Grundeinstellungen, die eine Erkrankung wahrscheinlich werden lassen. Dabei spielen Erfahrungen aus der eigenen Kindheit, die in der Gegenwart in Form von Überzeugungen, Einstellungen und Glaubensätzen (z. B. Mache es immer allen Recht, das ist das Beste.) weiterleben, eine wichtige Rolle.
Gibt es Menschen, die eher einen Burnout bekommen als andere?
Ja, es gibt bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, die einen Burnout wahrscheinlicher machen.
Wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Menschen mit einem schwachen Selbstwertgefühl und einer Neigung zum Perfektionismus, leichter in einen Burnout hineingeraten als andere.
Der Selbstwert
Der Selbstwert wird durch Erfahrungen und Beziehungen seit frühester Kindheit bis heute geformt. Er ist aber keine feste Größe. Der Selbstwert ist ein Teil eines psychischen Regulationssystems. Er wirkt auf unsere Entscheidungen und unser Handeln ein: Sind wir Situationen nicht gewachsen oder werden kritisiert, dann fühlen wir uns deswegen schlecht – die meisten tun das. Es ist unser Selbstwert, welches uns aktiv antreibt mehr zu leisten, damit wir uns wieder gut fühlen können. Er ist ein Motor für Veränderungen.
Der Selbstwert entwickelt sich in der Kindheit und stützt sich allgemein auf drei Säulen.
- natürliche Reifeprozesse – die kindliche Größenvorstellung vom Selbst (das Gefühl großartig zu sein, wenn es z. B. die ersten Schritte tut), wandelt sich zu einer reflektierten Selbsterkenntnis.
- Bindungserfahrungen – das Kind macht tiefgehende, substanzvolle, nährende und fürsorgliche (nicht überfürsorgliche!) Erfahrungen im Kontakt und in Beziehung mit den Eltern. Es erfährt Wertschätzung und erhält Orientierung.
- Anerkennung von Leistungen – Das Kind erhält Lob und Bestätigung für Leistungen, die es erbracht hat.
Wenn der Selbstwert schwach ausgeprägt ist, dann liegt es oft daran, dass die zweiten Säule brüchig ist (fehlende Bindungserfahrungen). Durch Lob für erbrachte Leistungen alleine kann sich kein robuster und belastungsfähiger Selbstwert entwickeln.
Der Perfektionismus
Menschen, die an Burnout erkranken, haben sehr oft einen starken Hang zum Perfektionismus: Alle Anforderungen werden perfekt erfüllt, es wird immer 150 Prozent gegeben und wenn am Arbeitsplatz die Arbeit nicht fertig wird, dann wird Zuhause daran weitergearbeitet.
Hinter dieser Haltung stecken häufig Versagensängste und ein schwaches Selbstwertgefühl. Mit dem Perfektionismus vermeiden sie es, die eigenen Schwächen und ihre Verletzlichkeit preiszugeben.
Sich verletzlich zu zeigen und dabei angenommen zu werden, konnten sie niemals erfahren bzw. lernen – auch in ihrer Kindheit nicht. Vermutlich bekamen sie als Kind nur dann Aufmerksamkeit und Lob, wenn sie etwas geleistet haben, z. B. bei guten Schulnoten.
Die Gesellschaft und die Erziehung prägen unsere Wertvorstellungen. Sie legen mit ihrem – immer schneller, höher, und weiter – früh den Grundstein für einen hohen Anspruch an sich Selbst. Liegt die Messlatte zu hoch, so dass man die eigenen Belastungsgrenzen ständig überschreitet, dann erkrankt man irgendwann an einem Burnout.
Burnout-Therapie – wie kann Unterstützung aussehen?
Manchmal muss man weit zurückblicken, um dysfunktionale Denkstrukturen und Verhaltensmuster zu verändern. Glaubenssätze habe ihre Wurzeln in der Kindheit und sind dementsprechend fest verankert im Denken und Fühlen. In der Therapie werden diese Glaubensätzen und Grundeinstellungen sowie auch die derzeitige Lebens- und Arbeitssituation thematisiert.
Bei Burnout-Patienten ist normalerweise der Fokus nach außen gerichtet: Was ist noch zu tun? Wie kann ich den Erwartungen gerecht werden?
Ihnen fehlt häufig das Gefühl für den eigenen Körper und für die eigenen Belastungsgrenzen. Sie hören nicht – oder wollen gar nicht hören, wenn der Körper mitteilt: „Halt Stopp, jetzt geht es nicht mehr weiter.“ Diese Schutzfunktion der inneren Stimmen bleibt wirkungslos. Der Zugang zum eigenen Körper ist sozusagen verloren gegangen. In der Therapie geht es viel um diese inneren Stimmen, um das Wahrnehmen des eigenen Körpers. Der Therapeut hilft dabei, den eigenen Körper wieder mehr kennenzulernen.
Als Psychologe und Heilpraktiker nutze ich für die therapeutische Arbeit gerne Gespräche, Körperübungen, Übungen mit der Wut, Meditation und Entspannungsverfahren, wie das Autogene Training und die Progressive Muskelentspannung.
Therapeutische Gespräche müssen nicht erst bei einer akuten Erkrankung geführt werden. Sie können auch vorbeugend stattfinden. Eine Burnout-Prävention kann dabei helfen, belastende Stress-Situationen und ungünstige berufliche Konstellationen frühzeitig zu erkennen und zu verändern.
Veränderungen brauchen ihre Zeit
Man muss sich darüber im klaren sein, dass eine Burnout-Erkrankung nicht einfach so verschwindet. Sie entwickelt sich schleichend über längere Zeit, so dass es Zeit und Unterstützung braucht, um wieder gesund zu werden.
Der Gedanke – jetzt aber möglichst schnell wieder gesund werden und dann weiter in dem vorherigen Tempo – folgt den bisherigen krankheitsverursachenden Denkmustern. Sie sollten sich vor allem die Frage stellen, ob Sie eine wirkliche Veränderung wollen – oder eine nur vorübergehend wirkende und substanzlose Kosmetik, die einen Rückfall ermöglicht.
Martin Heckmann, Diplom-Psychologe und Heilpraktiker
Literatur:
Kleinschmidt, Carola (2016). Burnout und dann. München: Kösel-Verlag
Kypta, Gabriele (2006). Burnout erkennen, überwinden, vermeiden. Heidelberg: Carl-Auer Verlag
Schär, Marcel & Steinebach, Christoph (Hrsg.) (2015). Resilienzfördernde Psychotherapie für Kinder und Erwachesene. Weinheim: Beltz Verlag